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Autor: Birgit Minor

03 – Schluss mit hätte, könnte, würde – stattdessen machen

„Würdest du dich jetzt bitte mal hinsetzen?“ Die Lehrerin klingt genervt. Sie sitzt im Morgenkreis und sieht den Jungen gar nicht an, mit dem sie spricht. Ich hospitiere in der Klasse meiner Tochter und beobachte diese Szene. Der Junge hat wirklich Hummeln im Hintern. Er kann oder will sich einfach nicht dazu setzen und still sein.

Wie reagiert er? Gar nicht.

Woran liegt das?

Nun: Der Satz ist schwammig, vieldeutig, emotional und leichtgewichtig.

Die Satzmelodie formuliert eine Frage. Somit wird auch der Inhalt fraglich. Eine Frage kann der Junge mit Ja oder Nein beantworten. Die Entscheidung darüber liegt ganz bei ihm. Das ist der Charakter einer Frage.

Sie beginnt den Satz mit „Würdest du…“

Der Konjunktiv „würde“ ist eine Möglichkeitsform. Von dieser reinen Möglichkeit, das zu tun, was die Lehrerin will, wird er freiwillig wohl keinen Gebrauch machen. Er hat die Macht, darüber zu entscheiden und er hat keine Lust. Der Handlungsimpuls fehlt.

Dazu kommt die entnervte Stimme, vielleicht noch ein Augenrollen und das verwässernde Füllwort „mal“. Sie transportiert ihren wiederholten Ärger damit, dies aktiviert seine Gefühlsebene und ruft einen natürlichen inneren Widerstand hervor. Wer will sich schon gerne etwas vorwerfen lassen? Niemand.

Ergo: Nichts passiert.

Wie kann sie es besser machen?

Sie wird besser reden und ihr Ziel erreichen, wenn sie ihn präsent, kraftvoll und eindeutig anspricht. Zum Beispiel so:
„Lukas, (Pause, bis er sie anschaut) bitte setz dich an deinen Platz. (Pause) Ich beginne mit dem Unterricht.“ – (wenn er sich gesetzt hat) „Ich danke dir.“

Was ist der Unterschied?

„Lukas, …“ Sie spricht ihn zunächst wertschätzend (ohne Vorwurf und Anklage in der Stimme) mit seinem Namen an. Damit fühlt er sich als Person gesehen und wahrgenommen. Erst, wenn er sie anschaut, spricht sie weiter:

„…bitte setz dich an deinen Platz.“  Sie spricht eine klare und eindeutige Handlungsaufforderung aus. Keine Frage. Sie fühlt ihre eigene Bestimmtheit und traut ihm zu, dass er dieser Aufforderung nachkommen wird.

„Ich beginne mit dem Unterricht.“ Sie liefert ihm eine Erklärung für ihren Wunsch und lenkt damit seine Aufmerksamkeit auf den Kontext, in dem sie sich befinden.

„Ich danke dir.“ Kommt er dieser Aufforderung nach, registriert sie das und honoriert sein Verhalten mit dem Dank. Damit bekommt er auch Zuwendung, wenn er sich positiv im Sinne der Klassengemeinschaft verhält – und nicht nur bei Störaktionen.

In dieser Form wird sie wirksam sprechen. Sie wirkt mit ihrer Haltung und ihren Worten klar führend, bestimmt, wertschätzend und geerdet.

Probiere es aus. Denn: Jedes Wort wirkt!

02 – Wir schaffen das!

Dieses Zitat unserer Kanzlerin hat viele Emotionen ausgelöst, positive und negative. Die einen fühlten sich bestärkt und ermutigt, die anderen bedroht und überstimmt. Die emotionale Botschaft kam an, der Handlungsimpuls blieb vage. Schauen wir auf die Wirkung dieser drei Worte:

Wer ist wir?

Viele Führungskräfte sagen zu ihren Mitarbeiter*innen: „Das müssen wir angehen!“ oder „Das müssen wir schneller hinkriegen!“ oder „Darüber könnten wir mal nachdenken in unserem Team.“ Das ist eine Wischi-waschi-Sprache.


Du weißt, was dann passiert. Nichts.


Wer von wir spricht, meint meist die anderen. Aber wen genau? Und was genau soll diese Person, die sich angesprochen fühlt, denn tun? Das bleibt unklar. 
Wenn die Sprache voll von wischi-waschi ist, bleibt auch das Ergebnis wischi-waschi. Die Sprache ist das Führungsinstrument. Demzufolge lohnt es sich, darauf zu achten, wie ich meine Mitarbeitenden anspreche. Besser reden und wirksam sprechen bedeutet hier: klar benennen, um was und wen es geht – und was ich erreichen will.

Wie klingt es, wenn ich das ICH an die Stelle des WIR setze?


„Das werde ich angehen. Wer macht mit?“  – „Was kann ich dazu beitragen, damit der Prozess schneller läuft?“
Oder ich benenne klar die Akteure, um die es geht: 

„Lasst uns gemeinsam darüber 15 min nachdenken. Jeder macht sich 5 min lang eigene Gedanken, danach trägt sie jeder nacheinander vor.“
„Herr Muster, bitte organisieren Sie die Zahlen vom letzten Quartal. Frau Müller, Sie erstellen bitte die Agenda und moderieren das nächste Meeting.“

Wo entsteht mehr Handlungsimpuls? Wo fühlst du Aktivität?

Dann habe ich die Arbeit ja gleich selbst am Hals!

Wenn du das befürchtest, sprich es sofort mit an:

Ich habe eine Idee, scheue jedoch noch davor zurück, sie zu sagen.

Bisher ist es immer so gewesen, dass derjenige, der Verbesserungsideen hatte, wie im Reflex zum Verantwortlichen für die Umsetzung wurde. Das will ich nicht.

Wollt ihr dennoch meine Idee hören?“

Trau dich, Menschen direkt anzusprechen und zu sagen, was du wirklich willst. So erreichst du deine Ziele.


Probiere es aus. Denn: Jedes Wort wirkt!

01 – Bei mir löst schon das Wort „Wartezimmer“ schlechte Laune aus…

Wer will denn, bitte schön, warten? Allein der Name scheint darauf ausgelegt, dass hier Menschen warten müssen. Als sei das ein Naturgesetz in Arztpraxen. Ich langweile mich dort und habe das Gefühl, man stiehlt mir meine Zeit. Schon die Einrichtung absorbiert mir jede Energie: Weiße Wände, genormte Stuhlreihen, auf Höhe der Rückenlehne eine Plexisglasblende, um die Raufasertapete vor Abrieb zu schützen, dazu ein paar bunte Kinderstühlchen von IKEA und bestenfalls noch ein Aquarium. Blubb.

So betreten Patienten das Behandlungszimmer, die bereits vorher kognitiv abgeschaltet haben – oder sich ängstlich und unbehaglich fühlen.

Was bedeutet eigentlich „warten“?

„Warten“ bedeutet ursprünglich „sich um etwas kümmern, sich oder etwas pflegen und die Funktionsfähigkeit erhalten“. Wow – das klingt schon anders! Um meine Funktionsfähigkeit und meine Energie zu erhalten, braucht es gar nicht viel: Nur ein bisschen mehr Leben in diesen Zimmern! Etwas mehr Ablenkung und Inspiration! Das geht besser!

Welche Wirkung hat ein Raum auf uns – und sein Name?

Ich stelle mir gerade vor, das ehemalige Wartezimmer wäre darauf angelegt, wohltuende Gedanken und Gefühle bei den Menschen zu erzeugen. Zu beruhigen und den Heilungsprozess zu unterstützen. Dann hieße es nicht mehr nüchtern: “Bitte gehen Sie ins Wartezimmer!”, sondern: “Bitte nehmen Sie im Blauen Salon Platz!” – Das wäre ein Zimmer in hellen, maritimen Blautönen, mit Himmels- oder Meeresbildern an der Wand und schönen Bildbänden zur Auswahl.

Oder Muschelzimmer – mit schönen Muscheln aus dem Urlaub und einem sanften Meeresrauschen im Raum. Dieser Rhythmus würde sich positiv auf die Atmung der Anwesenden auswirken. Sie würden Luft bekommen, tief ein- und ausatmen. Vielleicht dürften die Besucher (auch schöner als Patienten) die Sammlung ergänzen?

Oder Gute Stube, weil es so gemütlich eingerichtet ist wie bei Oma zuhause. Oder Lavendelzimmer – wegen der herrlichen Bilder aus der Provence mit riesigen Lavendelfeldern – plus einer dezenten Beduftung des Raumes mit Lavendel etc.

Welche Gefühle und Bilder lösen diese Wörter schon jetzt beim Lesen aus? Es gelänge so leicht, den Aufenthalt im Wartezimmer zu einer positiven Erfahrung zu machen, bei der der Mensch gut mit sich sein – und sich warten im Sinne von pflegen, kann. Das machte mir dann gute Laune !

Eine heilsame Sprache schafft positive, heilsame Bilder!

Jedes Wort wirkt!